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Viva la libertad, carajo!

Viva la libertad, carajo!

Impressionen aus Madrid von Jürgen Joost, Vorstandsmitglied der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR)

Am 18. Mai hatte ich die Gelegenheit, in Madrid eine Kundgebung der spanischen Partei VOX zu besuchen, auf der auch der argentinische Präsident Javier Milei gesprochen hat. Hier ein paar Eindrücke und notwendige Einordnungen:

Volksfeststimmung in Madrid

Südeuropäische Parteiveranstaltungen sind mit deutschen ebenso wenig zu vergleichen wie das deutsche Parteienraster und Schubladendenken so leichtfertig übertragbar ist, wie linke deutsche Schubladen-Journalisten es gerne hätten. Wann erlebt man bei deutschen Parteiveranstaltungen auch ohne übermäßigen Biergenuss Volksfeststimmung? 

Eine notwendige Einordnung vorab

Aber vorab eine Einordnung, die notwendig ist – wenn man über südeuropäische Konservative spricht, führt kein Weg an Giorgia Meloni vorbei, auch wenn ihr Grußwort nur als Online-Schaltung erfolgt ist:

Natürlich sind die Mitglieder italienischen Fratelli d’Italia keine „Post-Faschisten“, erst recht ist Giorgia Meloni alles andere als die weibliche Reinkarnation Mussolinis, wie es bösartige Äußerungen in deutschen Medien schon suggerieren wollten, die dann ebenso bösartig von bestimmten deutschen Politikern verstärkt werden. 

Tatsächlich ist Fratelli d’Italia 2012 als Abspaltung der EVP-Mitgliedspartei „Il Popolo della liberta“ („PdL“, vorher und später wieder „Forza Italia“) von Berlusconi entstanden, nicht zuletzt deshalb, weil Giorgia mit dem eitlen Gockel die Nase gestrichen voll hatte. Aber wie kann man eine EVP-Abspaltung als „postfaschistisch“ bezeichnen? 

Warum bezeichnet niemand die Grünen oder BSW als „postkommunistisch“?

Wenn man auf die politischen Jugendsünden abhebt, dann müsste man z.B. die Grünen als „postkommunistisch“ (Kretschmann, Trittin und andere) oder „postanarchistisch“ bezeichnen, das Bündnis Sarah Wagenknecht ebenfalls als „postkommunistisch“, die SPD mit Scholz, der in den 80er Jahren als Juso Seit an Seit mit Egon Krenz und der FDJ von der damaligen DDR aus gegen den eigenen Bundeskanzler Helmut Schmidt und den NATO-Dolppebeschluss agitiert hat, eventuell auch noch?

Die demokratische Recht ist konservativ – konservativ ist das Gegenteil von extrem

Giorgia Meloni und Fratelli d’Italia sind konservative Demokraten und Patrioten, alles andere ist Unsinn. Italien, das bislang als Synonym für Regierungskrisen und politisches Chaos gegolten hat, ist in Giorgia Melonis Regierungszeit ein Hort der politischen Stabilität geworden, während Deutschland dem Ampelchaos ausgesetzt ist. Die Menschen nehmen das wahr, auch in Deutschland. Wer so dennoch verblendet ist, sie in irgendeiner Weise mit „Faschismus“ in Verbindung bringen zu wollen, der macht den Begriff in Wirklichkeit salonfähig und relativiert den tatsächlichen Faschismus in Vergangenheit und Gegenwart. 

In der Auseinandersetzung „Freiheit oder Sozialismus“ stehen EKR-Parteien auf der Seite der Freiheit

Eine ähnliche Verzerrung wie für die „Brüder Italiens“ widerfährt der spanischen Partei VOX, die hier als „rechtsradikal“ abgestempelt wird, ohne sich ernsthaft mit ihren politischen Inhalten auseinander zu setzen. Ausnahmslos alle Mitgliedsparteien der EKR stehen für Demokratie und Freiheit, schlanke staatliche und europäische Strukturen, für freien Handel (ich durfte dazu selbst in Madrid sprechen), für Subsidiarität, für die Verankerung und die Verteidigung der Freiheit im westlichen Bündnis und für die Unterstützung der Ukraine.

VOX ist mit dem Vorsitzenden Santiago Abascal ein politischer Faktor in Spanien, aber auch bis hinein nach Lateinamerika. Konservative aus verschiedenen mittel- und südamerikanischen Ländern waren anwesend, darunter aus Mexiko und Chile 

Javier Milei: „Es lebe die Freiheit, verdammt nochmal“

Am spannendsten war für mich der Auftritt des neuen argentinischen Präsidenten Javer Milei und die Gelegenheit, ihn „live“ zu erleben. Um es vorweg zu sagen: Milei ist kein Liberal-Konservativer, sondern ein Libertärer. Statt schlanker und effizienter staatlicher Strukturen hätte er am liebsten gar keine. Aber: der Mann brennt für die Freiheit, und damit hat er in Madrid in der mit 11.000 Besuchern besetzten Arena den Nerv getroffen. 

„Viva la libertad, carajo!“ – frei übersetzt: „Es lebe die Freiheit, verdammt noch mal!“ – dreimal zu Beginn in den Saal gerufen, hat die Stimmung zu Kochen gebracht. Milei ist ein mitreißender Redner, der die Menschen begeistern kann. Je linker in Deutschland die Medien und die Politiker, desto stärker wird er dafür gehasst. 

Der Grund liegt auf der Hand: Auch in Deutschland geht es um die Auseinandersetzung zwischen Staatsgläubigkeit, Dirigismus und Bürokratie und gläsernem Bürger einerseits und der Rückkehr zu Wettbewerb, Eigenverantwortung und gleichermaßen schlanken wie effizienten staatlichen Strukturen andererseits. Freiheit oder Sozialismus ist und bleibt das Spannungsfeld, in dem wir uns bewegen, und Javier Milei steht für freiheitliche Lösungen.

Argentinien ist am Boden. Wenn Milei die nächsten drei bis fünf Jahre politisch wie physisch überlebt, wenn er weder abgewählt noch weggeputscht wird und keinem Attentat zum Opfer fällt und Argentinien einen spürbaren und nachhaltigen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt, dann wird dies weltweite Folgen haben. Dann wäre es ein weiterer Beweis, dass Sozialismus der falsche und Freiheit der richtige Weg in die Zukunft ist. Davor haben Staatsgläubige, davor haben Bürokraten, davor haben Sozialisten Angst. Deshalb wird Milei von linken Journalisten und Politikern dämonisiert.

Marine le Pen – „Freispruch“ durch Serge Klarsfeld

Gleiches gilt für Marine le Pen. Auch sie war in Madrid, um ein zehnminütiges Grußwort zu sprechen, auch wenn ihre Partei nicht den Europäischen Konservativen und Reformern angehört. 

Im Gegensatz zu Javier Milei und Giorgia Meloni habe ich sie nicht als mitreißende und charismatische Rednerin empfunden. Ihr Auftritt war allerdings bewusst darauf gerichtet, die Bereitschaft zur Übernahme der politischen Verantwortung in und für Frankreich zu unterstreichen. Sie hat die Herausforderung der illegalen Migration thematisiert und im Sinne der Subsidiarität die teilweise Rückverlagerung von Entscheidungen auf die nationale Ebene gefordert, aber zumindest von dem, was sie in Madrid gesagt hat, rechtfertig nichts eine Klassifizierung als „rechtsradikal“. 

Zu der gleichen Einschätzung kommt Serge Klarsfeld, der praktisch sein ganzes Leben dem Kampf gegen Rechtsextremismus gewidmet hat. Für ihn ist Le Pens „Rassemblement National“ schlicht „nicht mehr rechtsextrem“

Kein Grund zur Panik

Weder wird die Welt zusammenbrechen noch die Europäische Union, wenn es nach den französischen Parlamentsneuwahlen am 30. Juni zu einer „Cohabitation“ zwischen Macron und einem Ministerpräsidenten des Rassemblement National kommen sollte. Auch die Unterstützung der Ukraine wird weitergehen. Es besteht kein Grund zu schlaflosen Nächten, es sei denn, man ist linker Journalist oder Politiker: da könnte die Vorstellung, dass sich die systematische Dämonisierung durch erlebte Wirklichkeit in Luft auflösen könnte, für berechtigte Beklemmungen sorgen.

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