Kommentar des LKR-Bundesvorsitzenden Jürgen Joost
Der viel zu späte Abgang von Christine Lambrecht sollte den Blick endlich auf denjenigen freimachen, der einzig und allein für ihre unangebrachte Berufung als Verteidigungsministerin und ihr vollkommenes Scheitern im Amt die Verantwortung trägt: Bundeskanzler Olaf Scholz. Das Scheitern von Lambrecht ist das Scheitern von Scholz selbst.
Es ist nicht nur das unfassbar sture Festhalten an einer vom ersten Tag an vollkommen überforderten und inkompetenten Verteidigungsministerin. Nicht der Kanzler ist für den Abgang von Christine Lambrecht verantwortlich, sondern diese Entscheidung ist in später Selbsterkenntnis von ihr persönlich ausgegangen. Wäre es nach Scholz gegangen, dann wäre das Elend weitergegangen.
Desaströser Zustand der Truppe
Der Spiegel hat unter dem Titel „Heerjemine – wie schlimm es um die Truppe wirklich steht“ einen Zustand der Bundeswehr beschrieben, wie er desaströser kaum vorstellbar ist. Natürlich ist das nicht die alleinige Verantwortung von Scholz und Lambrecht, denn die Verantwortung für den Zustand der Bundeswehr hat volle sechzehn Jahre zuvor in den Händen von CDU und CSU gelegen.
Was insbesondere die Minister Guttenberg, de Maizière, von der Leyen und Kramp-Karenbauer abgeliefert haben, war im Ergebnis die größte denkbare Sabotage an der Einsatzfähigkeit der deutschen Streitkräfte. Diese politische Sabotage geschah vorsätzlich, mit Zustimmung der früheren Bundeskanzlerin Merkel und der jeweiligen Regierungsfraktionen CDU/CSU, SPD und FDP.
Völliges Desinteresse an der Bundeswehr
Mein Vorwurf an Scholz lautet vielmehr, dass er bereits mit der Kabinettsbildung sein völliges Desinteresse an der Bundeswehr und ihrem traurigen Zustand demonstriert hat. Das Verteidigungsministerium war für ihn lediglich Verfügungsmasse für das verkrampfte Festhalten an einer 50:50 Quote von Frauen und Männer im Kabinett. Dafür wurde dann eine Ministerin auserkoren, die bis dahin keinerlei Bezug zur Truppe hatte, aber eine politisch bis zur Selbstverleugnung ergebene Platzhalterin war.
Scholz selbst hat ebenfalls nicht den geringsten Bezug zur Verteidigungspolitik, im Gegenteil. Während deutsche Medien die politische Vergangenheit von Olaf Scholz als Juso vollkommen ausblenden, findet man bei Wikipedia hingegen Interessantes: https://de.wikipedia.org/wiki/Olaf_Scholz
NATO laut Scholz „aggressiv-imperialistisch“
Demnach unterstützte Scholz den marxistischen „Stamokap“-Flügel, warb für „die Überwindung der kapitalistischen Ökonomie“ und verunglimpfte noch zu Zeiten des kalten Krieges die NATO als „aggressiv-imperialistisch“.
Neben der Aufzählung zahlreicher SED-Kontakte heißt es wörtlich: „1987 trat Scholz als Juso-Vize auf einer FDJ-Friedenskundgebung in Wittenberg für Abrüstungsvereinbarungen ein. 1988 versicherte eine von Scholz mit geführte Juso-Delegation ihren Partnern von der DDR-Jugendorganisation FDJ, „dass die wahren Feinde des Friedens (…) im Militär-Industrie-Komplex der USA“ sowie in der „Stahlhelm-Fraktion“ der Unionsparteien zu suchen seien. Die SED betrachtete Scholz als wichtigen Bundesgenossen im Kampf gegen die NATO.“
Ist die Irrationalität bei Scholz von der eigenen Vergangenheit geprägt?
Rational ist weder die Besetzung des Verteidigungsministeriums mit Christine Lambrecht nachzuvollziehen und erst recht nicht das sture Festhalten an ihr, als die Fehlbesetzung mit jedem Tag offensichtlicher wurde. Ebenso irrational erscheint das Zaudern, Bremsen und Zeitschinden bei der Unterstützung der Ukraine mit den notwendigen Waffensystemen: Immer zu spät, immer zu wenig, immer erst, wenn dem äußeren Druck nicht mehr standzuhalten ist.
Sicherlich ist der irrlichternde Scholz von heute nicht mehr der extremistische Juso der 1980er Jahre des letzten Jahrhunderts. Insbesondere sein zumindest bis zum 24. Februar 2022 bestehendes vollkommenes Desinteresse an der Bundeswehr und sein nach wie vor ambivalentes Verhältnis zu Russland lassen aber befürchten, dass zumindest das Unterbewusstsein des amtierenden Bundeskanzlers der eigenen politischen Vergangenheit noch nicht entrinnen kann.
Fragen über Fragen:
- Wie sonst ist es zu erklären, dass nicht das Geringste unternommen wurde, um die durch die CDU- und CSU-Verteidigungsminister betriebene strukturelle Lahmlegung der Bundeswehr zu beheben?
- Was sind die Gründe, dass nicht mit eisernem Besen durch das absurde Beschaffungswesen der Bundeswehr gekehrt wird?
- Wie kann es sein, dass wir knapp ein Jahr nach dem Überfall auf die Ukraine von der Industrie erfahren müssen, dass die Instandsetzung von Leopard-Kampfpanzern so lange dauern würde, dass sie erst 2024 an die Ukraine geliefert werden könnten – wenn denn endlich das „Go“ von der Bundesregierung käme?
- Wieso ist die Industrie nicht längst mit der vorsorglichen Aufbereitung beauftragt worden, um dann im Falle einer Entscheidung, die unausweichlich ist, sofort liefern zu können?
- Warum wurde dieses diplomatische Druckmittel aus der Hand gegeben, um Russland zu signalisieren, dass bei einer weiteren (und mittlerweile durch Terror gegen die zivile Infrastruktur längst eingetretenen) Eskalation diese Panzer ausgeliefert würden?
- Wie viele Menschenleben, sowohl von Zivilisten als auch Soldaten, hätten in der Ukraine gerettet werden können, wenn sich dieser Bundeskanzler rational verhielte?
- Wieviel früher könnte der Krieg enden, weil Russland die Aussichtslosigkeit der eigenen Pläne und die Entschlossenheit des Westens einschließlich Deutschlands mit der angemessenen Deutlichkeit vermittelt worden wäre?
Der falsche Mann
Olaf Scholz ist zumindest in dieser Zeit der internationalen Krise und einer seit dem Zusammenbruch des Ostblocks nicht mehr dagewesenen Bedrohungslage als Bundeskanzler der eindeutig falsche Mann. Er ist in seinem Amt eine ebensolche überforderte Fehlbesetzung wie es seine inkompetente und instinktlose Gefolgsfrau Christine Lambrecht es im Amt der Verteidigungsministerin war.