Wie die Ampelregierung durch die geplante Reform des Staatsangehörigkeitsrechts Demokratiefeinde stärkt und Deutschland schwächt
Derzeitiger Rechtszustand: Im Regelfall keine doppelte Staatsbürgerschaft
Der Gesetzentwurf der Ampelregierung zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts befasst seit dem 30. November 2023 den Bundestag. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) äußerte zu dem Gesetzentwurf, dieser mache Deutschland stärker, moderner und international wettbewerbsfähiger.
Bestandteil des Gesetzentwurfs ist, dass nunmehr die im derzeitigen Staatsangehörigkeitsgesetz vorgesehene Vermeidung der Mehrstaatigkeit abgeschafft wird. Derzeit ist es so, dass der Einbürgerungsanspruch im Regelfall von der Bereitschaft abhängt, die bisherige Staatsangehörigkeit aufzugeben (§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StAG). Die Annahme einer fremden Staatsangehörigkeit führt dagegen im Regelfall zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit (§ 17 Abs. 1 Nr. 2 iVm § 25 StAG). Ausnahmen gelten beispielsweise für Staatsangehörige aus einem anderen EU-Mitgliedstaat, die bei der Einbürgerung ihre bisherige Staatsangehörigkeit behalten dürfen (§ 12 Abs. 2 StAG).
Die beabsichtigte Änderung: Doppelte Staatsangehörigkeit gestattet
Die gesetzlichen Regelungen zur Vermeidung der doppelten Staatsangehörigkeit sollen entfallen. Konsequenz ist, dass unabhängig von den gesetzlichen Vorgaben des Staates, dem der Antragsteller angehört, die deutsche Staatsangehörigkeit erworben werden kann. Sofern dieser Staat ebenfalls die doppelte Staatsangehörigkeit zulässt und zudem seinen im Ausland lebenden Staatsbürgern das Wahlrecht zugesteht, steht dem Betreffenden nach der Einbürgerung ein doppeltes Wahlrecht zu.
Die Folgen der Ausweitung der doppelten Staatsangehörigkeit
In Deutschland leben von den über 13 Millionen Ausländern nach der Statistik des Statistischen Bundesamts (abgerufen am 2.1.2024) unter anderem 1.487.110 Menschen mit türkischer Staatsangehörigkeit und 290.650 mit russischer Staatsangehörigkeit. Bislang gaben 92,6 % der (ehemals) türkischen Staatsangehörigen diese türkische Staatsangehörigkeit vor Annahme der deutschen auf. Bei den russischen Staatsangehörigen waren es 84,6 %.
Nach dem türkischen Staatsangehörigkeitsrecht ist eine doppelte Staatsbürgerschaft erlaubt und dürfen Auslandstürken wählen. Die neue gesetzliche Regelung wird also dazu führen, dass die Eingebürgerten an türkischen Wahlen teilnehmen dürfen. In Deutschland lebende Türken haben bisher Erdogan und die AKP in einem weitaus stärkerem Maße gewählt, als die in ihrem Heimatland lebenden Türken (letzte Wahl: 67 % zu 52 % pro Erdogan). Es spricht nichts dafür, dass sich bei einer Einbürgerung dieses Stimmungsbild verändern würde. Es sind darüber hinaus keine Argumente dafür ersichtlich, dass die Innehabung des deutschen Passes zu einem grundsätzlichen Gesinnungswandel führen wird. Es ist viel naheliegender, dass die Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft als eine nunmehr bequeme Möglichkeit angesehen wird, die Wohltaten des deutschen Sozialstaats unbeschränkt zu nutzen, ohne von einer Ausweisung (selbst im Falle der Begehung schwerster Straftaten) bedroht zu sein.
Nach dem russischen Staatsangehörigkeitsrecht führt der Erwerb einer ausländischen Staatsbürgerschaft nicht zum Fortfall der russischen. Auch stellt die fremde Staatsbürgerschaft kein Hindernis für den Erwerb der russischen Staatsbürgerschaft dar. Zudem darf der russische Präsident nach Art. 16 IX Russisches Staatsbürgerschaftsgesetz ganze Gruppen von Menschen nach seinem Ermessen einbürgern. In Anbetracht des Ukrainekrieges und des aggressiven Vorgehens Russlands gegen demokratische Staaten ist es nicht fernliegend anzunehmen, dass die russische Führung die angestrebte neue Rechtslage zu ihren Gunsten ausnutzen wird. Es liegt in ihrem Interesse, in Deutschland Loyalitätskonflikte zu fördern und Unruhe zu stiften. Das avisierte neue Recht bietet hierfür neue Möglichkeiten.
Die doppelte Staatsangehörigkeit muss der Ausnahmefall bleiben
Die in jüngster Zeit wiederholt aufgetretenen antisemitischen Handlungen von selbst seit vielen Jahren in Deutschland lebenden Ausländern und auch die übrigen Erscheinungen fehlender Integration in praktisch allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens stellen eine unübersehbare Warnung dar. Es ist völlig naiv anzunehmen, dass durch einen erleichterten Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit eine Besserung des Zustandes erreicht werden kann. Die deutsche Staatsbürgerschaft darf nicht am Beginn, sondern muss am Ende eines gelungenen Integrationsprozesses stehen. Dabei bedeutet Integration nicht, dass die kulturelle Identität aufgegeben werden muss. Vielmehr stellt gelebte Vielfalt ein selbstverständliches Element einer freiheitlichen Gesellschaft dar. Jedoch darf es keine Kompromisse geben, wenn die Grundlagen des gesellschaftlichen Zusammenlebens betroffen sind. Wer Deutscher sein will, muss sich uneingeschränkt zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen, ihre Institutionen anerkennen und loyal gegenüber seiner neuen, von ihm auch so empfundenen Heimat sein. Hiermit verträgt sich eine doppelte Staatsangehörigkeit grundsätzlich nicht.